Multimodale Schmerztherapie


Schmerztherapie ist ein heikles Thema, wenn es um die Bezahlung von Krankenhausrechnungen geht. Die Kassen haben die Behand­lungen im Fadenkreuz und sie werden vom MD über­durch­schnitt­lich häufig als Fehlbelegung abgelehnt: Nichts ist so leicht aus­zu­hal­ten, wie die Schmerzen anderer Menschen. Die Behand­lung chronischer Schmerzen passt nicht gut im System der voll­sta­tio­nären Akutbehandlung. Oder doch?

Lesen Sie, wie Sie mit Abrechnungsproblemen bei der multi­modalen Schmerztherapie,  der naturheilkundlichen Kom­plex­behand­lung, der rheumatologischen Komplexbehandlung und der anthroposophisch-medizinischen Komplexbehandlung umgehen können.

Einleitung

In Deutschland sind chronische Schmerzen ein relevantes Gesundheitsproblem, von dem große Teile der Bevölkerung betroffen sind. So findet sich allein der M54 Rückenschmerz an elfter Stelle der häufigsten Diagnosen akutstationärer Krankenhausfälle. Chronische Schmerzen anderer Art sind dabei noch nicht einmal berücksichtigt. Chronische Schmerzen bedeuten für die Betroffenen teilweise große Einschnitte in die Aktivitäten ihres beruflichen und privaten Lebens. Über das konkrete Schmerz­emp­fin­den hinaus stellen chronische Schmerzsyndrome eine starke psychische Belastung für die Betroffenen dar und gehen oft mit Komorbiditäten wie der Depression einher. Die von chronischem Schmerz betroffenen Patienten leiden, die Krankheit belastet Angehörige und sie verursacht hohe Kosten, nicht zuletzt durch Arbeits­un­fähig­keit. Eine mögliche Behandlungsform ist die evidenzbasierte Interdisziplinäre Multimodale Schmerztherapie (kurz: MMST), auf die ein Leistungsanspruch seitens der Versicherten besteht.

Die Schmerzbehandlung im akutstationären Rahmen hat im DRG-System verschiedene Ausprägungen. Dazu gehören neben der interdisziplinäre multimodalen Schmerztherapie (8-918.-) auch die naturheilkundliche Komplexbehandlung (8-975.2-), die anthroposophisch-medizinische Komplexbehandlung (8-975.3-) und die multimodale rheumatologische Komplexbehandlung (8-983.-). Dieser Artikel beschreibt Hintergründe und Umgang mit Fehlbelegungsvorwürfen am Beispiel der multimodalen Schmerztherapie bei chronischen Rückenschmerzen.

Die Durchführung der MMST (OPS-Kode: 8-918 Interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie) bringt einige Besonderheiten bezüglich der Abrechnung sowie Rechnungsprüfung mit sich.

Die multimodale Schmerztherapie als Streitthema

Die multimodale Schmerztherapie (MMST) wurde erstmals 1990 in Göttingen als „Göttinger Rücken Intensiv Programm“ umgesetzt. Seitdem hat die Behandlungsform einen Siegeszug angetreten; seit 2002 ist die MMST als Komplexbehandlung Teil des OPS-Katalogs.

MMST wird als „gleichzeitige, inhaltlich, zeitlich und in der Vorgehensweise aufeinander abgestimmte umfassende Behandlung von Patienten mit chronifizierten Schmerzsyndromen“ verstanden, in die „verschiedene somatische, körperlich übende, psychologisch übende und psychotherapeutische Verfahren nach vorgegebenem Behandlungsplan mit identischem, unter den Therapeuten abgesprochenem Therapieziel eingebunden sind“[1].

Dieses teamorientierte Vorgehen bedarf einer optimierten Organisationsstruktur. Im Sinne des Pro­zess­manage­ments lassen sich multimodale integrative Therapiemodelle als sog. horizontal ausgerichtete Gesamtprozesse darstellen.

Das bedeutet, dass klassisch orientierte Organisationsformen, in denen verschiedene Behandlungsstrukturen parallel und nur mit gering ausgeprägter Kommunikation untereinander agieren, zugunsten einer engen zeitlichen, inhaltlichen sowie sektorenübergreifenden Ausrichtung aufgegeben werden[2]. Gerade bei der Behandlung chronischer (Rücken-)Schmerzen ist der multimodale Ansatz der unimodalen Behandlung nachweislich überlegen[3].

Während sich die Kassen ihren Versicherten gegenüber gerne als Anbieter umfassender Gesundheitsleistungen präsentieren, sind Schmerzbehandlungen immer wieder Thema bei Rechnungsprüfungen. Die stationäre Aufnahme zur multimodalen Behandlung chronischer Schmerzen ist naturgemäß nicht so einfach zu begründen, wie eine stationäre Aufnahme beispielsweise bei einem Herzinfarkt. Die Patienten sind nicht immobilisiert und chronische Schmerzen sind nicht so klar objektivierbar, wie beispielsweise das Vorliegen eines akuten Herzinfarktes. In der Folge wird die Notwendigkeit einer stationären Schmerzbehandlung regelmäßig von den Kostenträgern geprüft und vom MD verneint. Der MDK gibt eine Begutachtungshilfe für die MMST heraus, die in vielen Punkten wohlwollender ist, als die Gutachten, die wir häufig vom MD bekommen. Scheinbar weichen viele Gutachter von dieser MD-internen Vorlage ab.

Die Gegnerschaft ist zuweilen so eskaliert, dass schmerztherapeutische Abteilungen geschlossen werden und Spezialkliniken von der Pleite bedroht sind. Als Lösung schlug beispielsweise der MDK Niedersachsen / Bremen vor, die stationäre Schmerzbehandlung regelhaft mit einer vorherigen Beantragung einzuleiten[4]. Dieser Idee erteilte das LSG Sachsen aber im Jahr 2019 eine Absage (LSG Sachsen L 9 KR 691/17 B ER vom 26.02.2019). Das erhebliche Erlösrisiko sollen die Krankenhäuser tragen, so das Gericht.

Abgrenzung akutstationär / ambulant

Daher stehen wir in Fragen der stationären Schmerzbehandlung immer wieder vor der schwierigen Aufgabe, die medizinische Notwendigkeit der akutstationären Behandlung von chronischen Schmerzen in einem Rechtssystem zu betrachten, das eine solche Notwendigkeit dem Wesen nach für akute Erkrankungen definiert. Das betrifft die multimodale Schmerztherapie genauso wie die naturheilkundliche Komplex­behand­lung, die anthroposophisch-medizinische Komplexbehandlung und die rheumatologische Komplex­behand­lung.

Einerseits ist die akutstationäre multimodale Behandlung chronischer Schmerz­syndrome medizinisch sinnvoll, politisch gewollt und im Vergütungssystem vorgesehen. Andererseits erfüllt der einzelne Patient naturgemäß häufig die landläufige Beschreibung eines „Krankenhauspatienten“ nicht. Stichworte sind Immobilität, erforderliche Überwachung, tägliche ärztliche Visiten, allzeit rufbereite Ärzte und so weiter. Diese Sichtweise ist aber nicht angemessen!

Der OPS beschreibt selbst Ein­gangs­kri­te­rien, die als Indikationsstellung für eine akutstationäre Schmerz­behand­lung zu verstehen sind. Die multimodale Behandlung selbst dauert dann eben mindestens 7 Tage. Anders als beispielsweise bei der geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung ist es über die Eingangskriterien hinaus nicht vorgesehen, dass eine akutmedizinische Behandlungsnotwendigkeit für jeden Tag nachgewiesen werden muss.

© BfArM – Auszug aus dem OPS

Der Unterschied zwischen der geriatrischen Komplexbehandlung und der Schmerztherapie liegt darin, dass eine MMST nicht als ambulante oder rehabilitative Leistung erbracht werden kann. Die akutstationäre geriatrische Komplexbehandlung hat im Vergleich zur Reha keine deutliche unterschiedlichen Leistungen. Deshalb muss bei einer geriatrischen Behandlung begründet werden, warum eine stationäre Behandlung erforderlich war.

Siehe für die Naturheilkunde, die anthroposophische Medizin und der Rheumatologie den Unterkopf “Abgrenzung akutstationär / Rehabilitation”.

Eingangskriterien = Indikationsstellung akutstationär

Eine stationäre MMST ist erforderlich, wenn drei der im OPS genannten Merkmale erfüllt sind. Im einzelnen:

Beeinträchtigung der Lebensqualität und/oder der Arbeitsfähigkeit

Aus dem Begutachtungsleitfaden des MDK: “Die Erfassung dieses Kriteriums ist obligater Bestandteil des Assessments bei Aufnahme. Belegt wird das Kriterium durch aussagekräftige Aufzeichnungen, z.B. in Fragebögen. Alternativ ist die konkrete Angabe ausreichend, seit wann Arbeitsunfähigkeit besteht.
Nicht gerechtfertigt ist eine Ablehnung der Indikation zur multimodalen Schmerztherapie allein mit der Begründung, dass der Patient arbeitslos bzw. zu alt sei oder dass bereits ein Rentenantragsverfahren eingeleitet wurde.

Fehlschlag unimodaler Therapie / Operation / Entzugsbehandlung

Eine akutstationäre Behandlung ist begründet, wenn die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten erschöpft sind. Dieses Rechtsprinzip (“Wirtschaftlichkeit”) geht über die Formulierung im OPS hinaus. Daher ist eine genaue Dokumentation der ambulanten Behandlungsformen sehr wichtig. Schon vor der Aufnahme, bei der Indikationsstellung sollte kritisch auf die ambulante Vorbehandlung geschaut werden.

Dabei geht es nicht darum, dass viele der denkbaren / üblichen Therapieformen “ausprobiert” wurden, sondern wichtig ist ein systematischer Ansatz – ein Behandlungskonzept. Je klarer ein solches Konzept erkennbar ist, umso einfacher ist eine spätere Begründung. Welche ambulante Therapieformen sinnvoll sind und deswegen erwartet werden können, lässt sich am besten einer Leitlinie für die Krankheit entnehmen. Sie können solche Leitlinien bei der AWMF finden.

Als Beispiel sind hier die Angaben in der Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz dargestellt:

  • Ambulante Verhaltenstherapie: Wird in der Versorgungsleitlinie empfohlen, besonders bei einem multimodalen Behandlungsansatz. Es gibt keine Übersichtsarbeiten über den langfristigen Effekt auf chronische Schmerzen.
  • Entspannungsverfahren / übende Therapie: Wird in der Versorgungsleitlinie nicht dringend empfohlen, weil die Verfahren bei Rückenschmerzpatienten nicht gut umsetzbar sind.
  • Interferenzstromtherapie: Wird bei Kreuzschmerzen nicht empfohlen.
  • Kinesio-Taping: Wird bei Kreuzschmerzen nicht empfohlen.
  • Kurzwellendiathermie: Wird bei Kreuzschmerzen nicht empfohlen.
  • Magnetfeldtherapie: Wird bei Kreuzschmerzen nicht empfohlen.
  • Manuelle Therapie (Manipulation / Mobilisation): Kann eingesetzt werden, wird aber nicht dringend empfohlen.
  • Massagen: Wird bei Kreuzschmerzen nicht empfohlen.
  • Perkutane Nervenstimulation (PENS): Wird bei Kreuzschmerzen nicht empfohlen.
  • Rückenschule: Die Studienlage zeigt widersprüchliche Ergebnisse. Kann eingesetzt werden. Wird nicht dringend empfohlen.
  • Transkutane Nervenstimulation (TENS): Wird bei Kreuzschmerzen mangels Wirksamkeit nicht empfohlen.
  • Therapeutischer Ultraschall: Wird bei Kreuzschmerzen nicht empfohlen.
  • Perkutane / operative Verfahren: Werden bei Kreuzschmerzen nicht empfohlen.

Wie Sie sehen, sind die meiste Behandlungsmöglichkeiten ohne nachweislichen Vorteilen und daher auch nicht als “ambulantem Behandlungsversuch” zu fordern.

Ambulante Verhaltenstherapie wird empfohlen © Helga.xorimarko.gmail.com

Für unspezifische (also keine klare, behandelbare Gründe erkennbar) Rückenschmerzen würde dann eine leit­linien­ge­rechte ambulante Behandlungsstrategie als Beispiel wie folgt aussehen können:

  1. (Haus-)Arzt als “Lotse”, der Kontakt zu an anderen Disziplinen hält und ggf. überweist (interdisziplinärer Ansatz).
  2. Aktivierende (und nicht passive!) Therapieformen wie medizinisches Gerätetraining, Nordic Walking.
  3. Unterstützende medikamentöse Therapie um die aktivierende Verfahren zu ermöglichen.
  4. Vermittlung von Kompetenzen zu gesundheitsbewusstem Verhalten, sowie dem biopsychosozialen Krankheitsmodell von Kreuzschmerzen. Hier passt auch eine Verhaltenstherapie mit der Betonung auf Bewältigungsmechanismen gut hinein.

Zum Schluss noch die Empfehlungen des MDK zum Thema “ambulante Vorbehandlung”: “Durch das Krankenhaus muss dargelegt werden, welche ambulanten Behandlungen des Schmerzes im Vorfeld der Krankenhausaufnahme stattfanden. Hierfür ist die gründliche Erhebung der diesbezüglichen Anamnese ausreichend. Geeignet ist auch ein aussagekräftig ausgefüllter Selbstauskunftsbogen des Patienten vom Aufnahmezeitpunkt. Kopien ambulanter Behandlungsunterlagen müssen nicht vorliegen.
Die Verabreichung einer Kombination verschiedener Schmerzmedikamente im Vorfeld der Aufnahme kann nach dem Wortlaut des OPS 8-918 formal nicht gefordert werden, auch nicht das grundsätzliche Vorliegen einer Medikamentenabhängigkeit.
Die Forderung des Nachweises invasiver Schmerztherapieverfahren im Vorfeld ist fachlich nicht begründet. Invasive Therapien sind bei vielen Patienten mit chronischem Schmerz sogar kontraindiziert, z.B. beim Vorliegen einer Fibromyalgie.

Medikamentenabhängigkeit / -fehlgebrauch

Allein die Einnahme von Opiaten begründet keine Abhängigkeit oder Fehlgebrauch. Die Dokumentation muss aussagekräftig sein und ist mit der Auflistung der Medikation nicht erledigt!

Der MDK sieht diesen Aspekt auch etwas strenger: ” Eine nachvollziehbare anamnestische Dokumentation des Fehlgebrauchs ist erforderlich. Diese umfasst eine eindeutig dokumentierte und aussagekräftige ärztliche Exploration/Diagnosenfindung sowie eine ausführliche Medikamenten-, Abusus- und Suchtanamnese. 

Die unkoordinierte Verschreibung verschiedener Medikamente durch unterschiedliche Ärzte kann ein Hinweis auf einen Medikamentenfehlgebrauch darstellen, beweist diesen aber nicht. In der vorliegenden Dokumentation muss klar werden, ob die verschriebenen Medikamente auch eingenommen wurden.”

Gravierende psychische Begleiterkrankung

Häufig wird hier die Nebendiagnose F45.41 Chronische Schmerzstörung angegeben. Allein die Kodierung reicht nicht: Es muss eine begründete Diagnose in der Akte enthalten sein.

Siehe hierzu den ausführlichen Artikel zur schmerzunterhaltenden psychischen Erkrankung

Der MDK dazu: “F45.41 Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren kann nicht gleichzeitig Hauptdiagnose und „schmerzunterhaltende psychische Begleiterkrankung“ sein. Als Begleiterkrankung kann nur eine Erkrankung anerkannt werden, die neben der Hauptdiagnose (Diagnose, die nach Analyse hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes verantwortlich war) besteht.

Gravierende somatische Begleiterkrankung

Hierzu die Empfehlungen des MDK:

Eine „gravierende somatische Begleiterkrankung“ ist eine Erkrankung, die eine Überwachung mit den besonderen Mitteln des Krankenhauses (ständige Arztpräsenz mit Interventionsbereitschaft) während der multimodalen Schmerztherapie erfordert.
Hierbei kann es sich beispielhaft um eine somatische Erkrankung handeln, deren Beschwerden durch die multimodale Schmerztherapie negativ beeinflusst werden (z.B. Diabetes mit Entgleisungsgefahr, Herzinsuffizienz mit Dekompensationsgefahr).
Die Begleiterkrankung muss nicht so gravierend sein, dass sie per se bereits die Krankenhausaufnahme erfordert. Beispielsweise kann unter multimodaler Schmerztherapie bei einem Patienten mit Herzklappenfehler und Herzinsuffizienz im Stadium NYHA II Dekompensation drohen. Eine ausschließliche Anerkennung vollstationärer Behandlungsbedürftigkeit bei höhergradiger Herzinsuffizienz (NYHA III/IV) ist daher nicht gerechtfertigt. Bei schwerer Ausprägung verhindert eine vorliegende Begleiterkrankung sogar die Durchführung einer multimodalen Schmerztherapie.
Die Behandlung mit multimodaler Schmerztherapie unter vollstationären Bedingungen ist auch medizinisch begründet bei Erkrankungen mit fortgeschrittenem Mobilitätsdefizit, schwerwiegenden neurologischen Defiziten, immundefizitären und konsumierenden Erkrankungen sowie Hirnabbauprozessen. Beim Vorliegen von Hirnabbauprozessen ist zu beachten, dass bei stark eingeschränkter Kognition in der Regel keine multimodale Schmerztherapie indiziert ist. Eine Ausnahme besteht, wenn eine nachvollziehbare Therapiestrategie zur Umsetzung der angestrebten Verhaltensänderung dargestellt wird (z.B. gesteigerte körperliche Aktivität im Alltag) – gegebenenfalls auch unter Nutzung pflegerischer Begleitung.

Abgrenzung akutstationär / Rehabilitation

Bei der MDK-Begutachtung wird häufig fälschlich angenommen, die stationäre Rehabilitation bei chronischen Schmerzen sei eine Art „multimodale Schmerztherapie für minder schwere Fälle“. Die rehabilitative Behandlung hat eine andere Zielrichtung und andere Therapieformen als die MMST.

Die akutstationäre Behandlung zielt auf die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit („functional restoration“) ab. Die rehabilitative Behandlung hat die Wiederherstellung / Aufrechterhaltung der Erwerbsfähigkeit zum Ziel. Bei Patienten ohne Erwerbsbezug (z. B. Renter) geht es andererseits um die Erhaltung der Selbstversorgungsfähigkeit und der Teilhabe[1].

Die MMST wird nicht in Form einer stationären Rehabilitation angeboten, sondern sie ist immer eine hoch-intensive akutstationäre Behandlung mit einer hohen Qualifikation der Behandler und einem standardisierten Ablauf [2] (siehe auch die nationale Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz).

Daher ist lediglich die Frage zu beantworten, ob eine multimodale Schmerztherapie indiziert war oder nicht. Auf die Schwere des Falles oder den Grad der Beeinträchtigung kommt es primär nicht an. Wenn die MMST indiziert war, ist damit die akutstationäre Behandlung implizit begründet.

Für die Naturheilkunde, die anthroposophische Medizin und der Rheumatologie sind solche Eingangskriterien nicht im OPS definiert. Für die ersten beide gibt es tatsächlich ein vergleichbares Angebot als Rehabilitation. Deshalb sind bei diesen Behandlungsformen mehr Fragen zur akutstationären Notwendigkeit zu beantworten.

Die multimodale Rheumatologische Behandlung kann aufgrund des multimodalen Ansatzes und die damit einhergehende Behandlungsintensität nicht so leicht in einer Reha-Klinik abgebildet werden. Da es hier keine Eingangskriterien wie bei der multimodalen Schmerztherapie gibt, ist die Begründung schwieriger.

Abgrenzung vollstationär / Teilstationär

Die multimodale Schmerztherapie wird auch in Tageskliniken angeboten. Das SGB V verlangt, dass eine teilstationäre Behandlung den Vorzug vor einer akutstationären Behandlung bekommen soll. Wenn grundsätzlich die Durchführung einer MMST begründet ist, gilt es, zwischen teil- und vollstationären Therapieformen abzuwägen. Eine vollstationäre Therapie liegt dann vor, wenn sie sich nach Behandlungsplan des Krankenhausarztes zeitlich über wenigstens 1 Tag und 1 Nacht ausdehnt. Demgegenüber kennzeichnet die teilstationäre Behandlung eine mindestens 6-stündige Nutzung der Krankenhausinfrastruktur ohne Versorgung des Patienten mit einem Krankenhausbett; nach dem täglichen Therapieende kehrt der Patient in sein eigenes Umfeld zurück[5].

Die Notwendigkeit einer Behandlung über Nacht muss sich aus dem Behandlungsverlauf (und nicht etwa aus dem Wohnort des Patienten!) ergeben. Oft wird in den ersten Behandlungstagen eine intravenöse Schmerztherapie durchgeführt. Dadurch ist die vollstationäre Behandlung begründet. Diese Vorgehensweise wird allerdings vom MD oft als unnötig kritisiert. Für diesen Aspekt der Behandlungsplanung ist als der Blick auf das Ausmaß der Beeinträchtigung des Patienten dann doch wieder wichtig.

 

[1] Arnold B, Brinkschmidt T e. a.: Multimodale Schmerztherapie, Schmerz 23:112–120 2009

[2] Arnold B, Casser H-R e.a.: Akutstationäre multimodale Schmerztherapie und Rehabilitation, Schmerz 29: 641–648 2015

[3] Kamper SJ, Apeldoorn AT e. a. Multidisciplinary biopsychosocial rehabilitation for chronic low back pain. Cochrane Database Syst Rev 9:CD000963 2014

[4] Hermes M: Besser vorher Antrag stellen, Niedersächsisches Ärzteblatt 09/2015

[5] Schwarze M, Zimmermann K e. a.: Fehlbelegung bei (teil-) stationärer Schmerztherapie, Der Orthopäde 12/2020

 


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